Gestern konnte ich in mein Semiotisches Tagebuch keine
Eintragung machen. Ich war den ganzen Tag „draamhappert“, auf hochdeutsch:
verträumt, mit Träumen im Kopf, wörtlich traum(draaam)-häuptig(happert). In
meinem Traum (eigentlich Traum im Traum), der mich den ganzen Tag verfolgt hat,
war ich wie so oft in meinen Träumen bei Dr. Freud.
„Wie geht's wie stehts?“ kicherte Freud, so als würde er zum
ersten Mal verstehen, woran ein Psychoanalytiker bei „Wie geht' Wie stehts?“
stets denkt.
In meinen Träumen ist Freud immer gut aufgelegt. „Erzähl mir von
Deiner Mutter“, sagte er; im Traum duzt Freud mich. Ich erzählte ihm also
im Traum meinen Traum: ich liege im Bett (im Traum im Traum); meine Mutter kommt
in mein Schlafzimmer „aha“ – höre
ich Freud sagen – und gibt mir eine Birne. „Aha“, sagt Freud wieder und dann „Birne,
weiche Birne“.
Ich esse die Birne, der Saft rinnt mir aus den Mundwinkeln.
Meine Mutter hat noch eine zweite Birne, die sie auf das Fensterbrett im
Schlafzimmer legt. Das ist mein Traum. „Was fällt Dir dazu ein?“ fragt Freud. "Gar
nichts", antworte ich. „Pommes ou poires“ singt Freud vor sich hin, „pommes ou
poires“. Dann schnauzt er mich an: "Versager! Sag was!" Warum versagst Du? Sag, sag, sag!"
Tatsächlich fällt mir noch ein, dass ich nach dem Aufwachen
(aus dem Traum im Traum, aber immer noch träumend) so von der Realität des
Traums im Traum überzeugt war, dass ich unbedingt von meiner Mutter die zweite
Birne haben wollte. „Will, will, will, will Dir sonst nichts einfallen?“ sagt
Freud, während er wie Rumpelstilzchen um die Couch springt. Dann setzt er sich
nieder und meint: "Ich werde den Traum nun übersetzen, die Birnen sind
doch nur Ersatz. Die Birnen, die Birnen, die Birnen, das sind die weichen,
saftigen Brüste unserer Mutter. Die Birnen sind ein Zeichen! Etwas, das für etwas anderes steht" - wieder kicherte Freud. "Eine Birne durftest Du essen, sie hat uns ja
tatsächlich gesäugt, als wir noch ein Kind waren. Aber die zweite Birne dürfen wir nicht mehr bekommen, denn jetzt sind wir schon erwachsen." Freud seufzte. "Diese Birnen hat uns die Mutter - nein der Vater - versagt. Vaterversager, Versagervaterunser. Wenn unser ICH von Birnen träumt, dann träumt das ES von
Brüsten." Im Traum wird mir klar, woran ich nie im Traum gedacht hätte: Freeud will in meinen Traum, in meinen Kopf hinein. Wie zur Bestätigung springt Freud auf und dreht das Radio an:"I'll let you be in my dreams If I can be in yours" krächzt Bob Dylan aus dem Radio, - und Freud singt begeistert mit, im Traum ist alles ganz normal.
P.S: (Fast) alles, was Freud hier sagt (Übersetzung, pommes ou poires, Ersatz, Versagen, will), ist aus der Traumdeutung, in der ein Birnentraum genau so gedeutet wird. Bob Dylans "I'll let you be in my dreams If I an be in yours" stammt aus seinem Talking World War III Blues, mit dem ich mich auch noch beschäftigen werde.
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